An den drei Kreuzen

An den drei Kreuzen

 

Beim Besuch der kasachischen Stadt Karaganda anlässlich der Seeligsprechung von Pater L. Bukowinski stand auf dem Reiseprogramm auch der Besuch des alten Friedhofs von Maikuduk. Dass dieser Wunsch schon früh geäußert wurde, war nicht überraschend, denn viele Reiseteilnehmer stammten aus diesem Stadtviertel und wollten bei dieser Gelegenheit nun auch die Gräber ihrer verstorbenen Verwandten besuchen.

Als wir am Sonntag Nachmittag losfuhren, war der Himmer bereits bewölkt; wir fuhren dennoch los; für den Fall, dass es ordentlich schüttet, hatten wir ja immer noch den Bus.

Als Begleitung fuhren einige Friedhofskundige mit, eine Frau mit ihrer fast schon erwachsenen Tochter und eine Ordensschwester. Am Friedhof angekommen, machten wir uns sofort – auf den Weg? Nein, das kann man mit Sicherheit nicht sagen, denn es gab nicht einmal einen Pfad. Die friedhofskundigen Frauen taten sich schwer, selbst die unter Katholiken allgemein bekannten Gräber wieder zu finden. Von allen Seiten kam laut der Vorschlag, man müsse sich an den drei großen Kreuzen orientieren, von dort aus würde man dann die Gräber der Angehörigen leichter finden.

Ja, es gibt auf dem Friedhof von Maikuduk drei große Kreuze. Sie bilden die Mitte dieses Friedhofs, sicher nicht vermessungstechnisch, wohl aber historisch und geistig. Mitte der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts starben in Karaganda massenhaft Menschen, Deportierte aus dem Wolgagebiet, der Ukraine, auch viele Russen. Hungersnot und Kälte raffte ganze Familien dahin. Die Opfer dieser schrecklichen Jahre liegen alle in den drei Massengräbern, über denen später große Kreuze errichten worden sind. Diese drei Kreuze erinnern an die drei Kreuze von Golgota. Sie geben Zeugnis von einem schrecklichen Tod und ragen verwittert in den Himmel; die Toten sind aber bereits wo anders. Jesus sagte zu einem der Schächer, heute wirst du noch mit mir im Paradies sein (Lk 23,43). Das leere Kreuz wird somit zum Zeichen, zum Hinweis auf das unendliche Leben bei Gott.

Die in den Himmel ragenden Kreuze haben für uns alle eine Botschaft – wie abgründig leidvoll und ungerecht der Tod der Menschen auch sein mag, dort wo er im Blick auf Christus durchschritten wird, ereignet sich der Ostermorgen, ereignet sich die Auferstehung.

Unsere Väter und Mütter haben ihre letzten Schritte in diesem Glauben getan und auf diese Weise uns den Weg gewiesen, der ins andere und neue Leben bei Gott führt.

In diesem Glauben dürfen wir wieder Ostern feiern und singen:

 

Verklärt ist alles Leid der Welt,

des Todes Dunkel ist erhellt.

Der Herr erstand in Gottes Macht,

hat neue Leben uns gebracht.

 

Ich wünsche Ihnen allen ein gesegnetes und frohes Osterfest!

 

Im Gebet an den Ostertagen mit Ihnen verbunden,

Ihr

Msgr. Dr. Alexander Hoffmann

Präses des St. Clemens-Werkes