Osterwort von Weihbischof Dr. Hauke

„Geborgenheit und Hoffnung“
In der Allerheiligenkirche zu Erfurt wurde 2007 ein Kolumbarium eingerichtet. Die gotische
Kirche besteht aus zwei Kirchenschiffen. Das rechte Kirchenschiff wird weiterhin als
Gottesdienstraum für das Monatliche Totengedenken, für die Heilige Messe und für
Andachten genutzt. Der barocke Hochaltar zeigt in seinem Altarbild die große Schar der
Heiligen beim Lobgesang vor dem Thron Gottes. Im linken Seitenschiff sind 15 Stelen
aufgestellt, die Platz für 630 Urnen bieten. Christen und auch Nichtchristen, die mit dem
katholisch gestalteten Kirchenraum einverstanden sind, können hier einen Urnenplatz
erwerben und für 20 oder auch mehr Jahre in dieser Kirche zum Gedenken an ihr eigenen
Leben, aber grundsätzlich auch an Tod und Auferstehung einladen.
„Endlich konnte ich mit meinem Mann über das Thema ‚Tod‘ und ‚Sterben‘ sprechen!“ –
sagte eine Frau, die sich mit ihrem Mann in der Allerheiligenkirche einen Platz erworben
hatte. Die oft bekannte Sprachlosigkeit über diese beiden Themen wurde gebrochen, als das
Angebot für einen solchen Urnenplatz durch die Domgemeinde unterbreitet wurde. Wenn
dieser Kirchenraum den Gedanken an Geborgenheit und Hoffnung über den Tod hinaus
vermitteln kann, dann besteht auch die Bereitschaft, darüber nachzudenken und mit größerer
Zuversicht in die persönliche Zukunft zu schauen.
Dass unser Leben endlich ist, ist eine schwer zu verkraftende Tatsache. Daher müssen auch
wir Christen die Trauer zulassen und gestalten. Das tun wir im Totengedenken und mit den
christlichen Traditionen, wie sie sich in den verschiedensten Ländern und Kulturen entwickelt
haben. Nicht alles passt zu unserer Art. Die meisten Menschen brauchen bei diesen Themen
Stille oder gute Texte oder Musik. Wir sind traurig, wenn wir dazu keine Zeit haben. Leider
war es in den letzten Monaten so, dass Angehörige keine Gelegenheit bekommen konnten,
von ihren Verstorbenen in gebührender und bekannter Weise Abschied zu nehmen. Es ist
dann hilfreich, dass es beim Totengedenken und Totengebet am Grab oder im Gottesdienst
der Kirchgemeinde die Möglichkeit dazu gibt – auch Monate und Jahre später. Es ist immer
hilfreich, wenn dann das persönliche Gebet durch eine christliche Gemeinde unterstützt wird.
Anderen geht dann das österliche Halleluja besser über die Lippen als den trauernden
Angehörigen. Das ist eine der Kostbarkeiten, die uns Christen geschenkt ist: die
Gemeinschaft im Glauben, Hoffen und Lieben.
Tod und Auferstehung sind Wirklichkeiten, die wir durchleben müssen und dürfen. Das
Osterfest 2021 hat einen eigenen Charakter, denn der Tod und die Todesgefahr standen uns
in den letzten Monaten näher als sonst. Das Oster-Halleluja wird vielleicht etwas vorsichtiger
gesungen, wenn wir an die Verstorbenen in unseren Pfarrgemeinden und in der ganzen Welt
denken und in die Gesichter der Angehörigen schauen. Aber die Wirklichkeit des neuen
Lebens mit Christus ist die gleiche Wirklichkeit wie immer, denn sie besteht in der Zusage
Jesu, dass er für uns beim Vater im Himmel eine Wohnung mit unglaublicher Geborgenheit
geschaffen hat.
Gesegnete Ostertage und ein mutiges Halleluja wünscht
Weihbischof Dr. Reinhard Hauke